Basics
Vorweg: Ich bin für Religionsfreiheit, ich bin dafür, dass die Menschen ihren Glauben individuell leben dürfen, sofern sie damit nicht andere Menschen einschränken. Für mich ist das allerdings kein Recht, das gesondert erwähnt werden muss, sondern blanker Menschenverstand. Dennoch ist es natürlich wichtig, dass dieses Recht auch im Gesetz verankert ist.
Religionen waren in der gesamten Menschheitsgeschichte mehr als ein Mal dafür verantwortlich, dass Kriege und Genozide die Welt erschüttert haben. Ich erwähne das deshalb, weil ich klarstellen will, wie explosiv das Pulverfass ist, auf dem die Religionen sitzen. Ich will damit nicht diffamieren, ich will nur Bewusstsein und Sensibilität einfordern.
Ich würde mich selbst als Agnostiker bezeichnen, klingt hochtrabend, lässt sich aber ganz kurz zusammenfassen: Ich weiß nicht ob es Gott [wahlweise anderen Namen einsetzen] gibt. Niemand weiß das und Menschen die sagen sie wüssten es, lügen. Das ist eine Erkenntnis zu der man, wenn man objektiv an die Sache ran geht, meiner Meinung nach kommen muss. Dennoch kann ich jeden verstehen, der aufgrund eines Gefühls oder einer Hoffnung an einen Gott […] glaubt oder glauben will und das entsprechend lebt. So weit so gut.
Na, wenn der Kardinal das sagt…
Mit der Religion ist das so eine Sache, finde ich. Sie fordert für sich größtmögliche Toleranz ein, fordert, dass man an den alten Werten festhalten solle und die Kirche nicht verändern möge.
Das steht natürlich jedem zu, der eine Religion vertritt. Was meiner Meinung nach niemandem zusteht, ist das folgende Zitat von Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising:
„Wer die zehn Gebote nicht kennt, muss als genau so ungebildet gelten, wie jemand, der nicht weiß, wer Mozart ist.“
[http://bit.ly/J74WxX (Absatz 3)]
Aha. Wie meint der Mann das denn nun? Dass man mal davon gehört haben sollte? Dass man 50% der 10 Gebote kennen sollte?
Man möge mich korrigieren, aber ich verstehe das tatsächlich so:
Wer nicht alle 10 Gebote kennt, sollte als ungebildet gelten. Okay. Da kann man jetzt schon sagen: 10 Gebote sind wirklich nicht die Welt, die kann man kennen. Wenn man will.
96% der Bevölkerung sind ungebildet
Man will aber offenbar nicht. Zumindest kommt man zu diesem Schluss, wenn man einer repräsentativen Umfrage, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut Emnid, und den befragten 1008 Teilnehmern glauben möchte.
Die macht nämlich ganz deutlich: Das zweite Gebot „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ kennen nur vier Prozent der Bevölkerung.
[http://bit.ly/J750hp (Absatz 4)]
Stellen wir mal eine kleine Rechnung auf:
- In Deutschland leben ca. 82.000.000 Menschen ( ≙ 100%)
- In Deutschland können maximal 4% der Menschen gebildet sein, weil sie alle 10 Gebote kennen ( ≙ 3.280.000 Menschen)
- In Deutschland sind 96% der Bevölkerung ungebildet ( ≙ 78.720.000 Menschen)
Fassen wir also zusammen:
Glaubt man den Worten von Kardinal Reinhard Marx, können maximal 4% der Menschen in Deutschland gebildet sein. Das bedeutet, dass 78.720.000 Menschen ungebildet sind.
Noch interessanter ist aber, dass daraus folgt, dass nur 3.280.000 Menschen gebildet sein können.
Total verrückt dabei ist, dass der römisch-katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2010 laut der Deutschen Bischofskonferenz 24.651.001 Mitglieder angehört haben. Das entspricht ca. 30% der deutschen Bevölkerung.
[ http://bit.ly/J754gR ]
Interessante Theorie, nicht? Ob sich die katholische Kirche damit nicht auch irgendwie selbst demontiert?
Warum nicht einfach mal so hinnehmen
Manchmal fragen mich Leute, warum mich solche Aussagen beschäftigen.
In diesem Fall hat das einen recht banalen Grund.
In 2010 hat das Meinungsforschungsinstitut Emnid ebenfalls eine Studie erstellt. Damals ging es um folgendes:
Mein persönliches Fazit aus diesen Zusammenhängen:
Wenn tatsächlich 11% der gläubigen deutschen Bevölkerung glauben, dass Gott […] die Schuld an Naturkatastrophen trägt und es jeweils 4% ebendieser fertigbringen, ihren Schöpfer für Armut und Krieg verantwortlich zu machen, dann will ich ab morgen kein einziges der 10 Gebote mehr kennen.
Denn einen größeren Realitätsverlust kann es kaum geben.
Was bin ich ungebildet.
LG
Pinny
4 Kommentare
Andi says:
Mai 12, 2012
Lieber Pinny,
schön, dass Du Dich dem Thema annimmst. In Zeiten von CIPPD ist es wichtig, bei den Kernthemen zu bleiben und das ist nun mal strikte Trennung von Staat/Kirche, denn nur die kann echte Religionsfreiheit garantieren. Ich freue mich, dass Du so denkst, denn da haben wir beide schon mal eine gute Basis was zu ändern! Eines meiner wichtigen Themen, die mich Piratin sein lässt! Danke! Bitte mehr davon!
Mit ungebildeten, aber agnostischen Grüßen ;-)
Andi
Horst says:
Mai 12, 2012
Stay cool. Ich kann genauso nach den 10 Geboten googeln wie nach Mozart. Steht sogar in der Wikipedia, ist also wohl relevant. Allerdings ist das Ergebnis schon schwieriger zu verstehen. Den welche 10 sind den gemeint? Da gibt es nämlich schon Unterschiede:
http://de.wikipedia.org/wiki/Zehn_Gebote#Einteilungen
Das oben angesprochene 2. Gebot ist nur bei den Katholiken und Lutheranern das 2. Gebot.
Jetzt müsste Emnid mal eine Umfrage machen, ob daran auch Gott schuld ist….
;-)
pingoesholywood says:
Mai 14, 2012
Ich bin ganz cool. 8)
Das googlen nicht immer die Antwort auf jede Frage sein kann, ist denke ich obligatorisch. Welche 10 Gebote gemeint sind, ist ob der Zugehörigkeit von Marx wohl ebenfalls eindeutig.
Ändert jedoch nichts an seiner meiner Meinung nach sinnentleerten Aussage.
LG
Pinny
Netter Detlef says:
Okt 2, 2013
Welcher Mensch kann sich das Recht herausnehmen andere Ihres Glaubens wegen zu bewerten, zu belächeln oder gar diesen nicht ernst zu nehmen.
Der Glaube, die innere Einstellung, ist für jeden Menschen selbst frei definierbar. Der Glaube ist für viele Menschen auch ein Rückzugspunkt um Kraft zu schöpfen – sozusagen eine innere Festung an der Kritiker meist scheitern. Auch Menschen die nicht an „einen“ Gott sondern an viele Götter glauben – oder Menschen die glauben das es Gott/Götter nicht gibt – Menschen die sich rein an Wissenschaften halten – usw. glauben das Ihre Einstellung/Sichtweise die richtige ist.
Es ist eine Gesellschaft anzustreben in „jeder“ seinen eigenen, für sich selbst Richtungsweisenden, Glauben ausleben/nachgehen darf ohne Repressalien und Ausgrenzungen befürchten zu müssen. Parallelen wie das funktionieren kann sieht man in der Persischen Entstehungsgeschichte in der jeder seinen persönlichen Glauben nachgehen konnte.
Wichtig in diesem Zusammenhang finde ich, unabhängig der jeweiligen Anschauungen, die Trennung von Kirche und Staat weiter politisch zu fordern. Das eine regelt das Zusammenleben vieler verschieden Denkender Menschen, das andere gehört jedem selbst und stellt die Persönlichkeit eines Individuums dar.
Ja das bin „ich“ und ja das bist „Du“ – ich respektiere Dich so wie Du bist.